Physiotherapie bei neurologischen Erkrankungen


PNF (Propriozeptive neuromuskuläre Fazilitation)

Was bedeutet das? Ihr Körper verfügt über unterschiedliche Sinnesorgane. Durch die so genannten Bewegungsfühler (Rezeptoren) nehmen Sie wahr, wie Ihr Körper sich bewegt oder in welcher Position er sich befindet („Propriozeptiv“). Daher wissen Sie ohne hinzusehen, ob Sie zum Beispiel Ihr Knie gerade strecken oder beugen. Eine PNF-Therapie regt diese Rezeptoren in Gelenken, Muskeln und Sehnen durch gezielte Stimulation an und aktiviert sie. Durch die Stimulation wird die Wahrnehmung gefördert, sie ist entscheidend für die Bewegungsorganisation.
PNF fördert somit das Zusammenspiel zwischen Rezeptoren, Nerven und Muskeln („Neuromuskulär“). Arbeiten diese gut zusammen, fallen Ihnen alle alltäglichen Bewegungen leichter („Fazilitation“).

Die PNF Therapie unterscheidet sich von anderen Übungsbehandlungen:

Speziell die Drehungen / Rotationen bei den Bewegungen werden gezielt hervorgehoben, um den Muskelverläufen optimal gerecht zu werden.
Am Beginn jeder physiotherapeutischen Behandlung durch PNF steht die „Befundung“ Ihrer Bewegungsfähigkeiten. Sodann besprechen Sie mit dem Therapeuten oder der Therapeutin, welche körperlichen Fähigkeiten Sie verbessern möchten und formulieren gemeinsam eine Zielvereinbarung.

PNF ist Konzept, Therapiemethode und Technik zugleich.

Dabei ist besonders hervorzuheben, dass PNF sich an den Ressourcen des Patienten orientiert und diese gezielt zur Verbesserung der Bewegungs- und Haltungskontrolle einsetzt. Das bedeutet, dass zur Verfügung stehende Fähigkeiten von besonderem Interesse sind. Machen Sie folgendes kleines Experiment: Drücken Sie Ihre Hand kräftig auf den Tisch, vor dem Sie gerade sitzen. Sie werden sogleich merken, dass Ihre Bauchmuskeln zu arbeiten beginnen. So kann ein kräftiger Arm genutzt werden, um schwache Bauchmuskeln zu aktivieren.

Jeder PNF Therapeut kennt die Zusammenhänge unserer motorischen Organisation und kann so Ihre guten Fähigkeiten gezielt einsetzen. Viele Wiederholungen der zu erlernenden Bewegung in variablen Kontexten führen schließlich zum Therapieerfolg.
PNF kann Menschen mit Störungen des Bewegungs- oder Stützapparates helfen, ihre Sicherheit und Selbständigkeit zu verbessern und Schmerzen zu beheben oder zu lindern. Eine Behandlung nach PNF wird insbesondere angewandt bei Bewegungsstörungen aufgrund von:

  • Multipler Sklerose
  • Morbus Parkinson
  • Querschnittslähmung
  • 
Schädel-Hirn-Trauma
  • Schlaganfall
  • Gelenkoperationen
  • Sportunfällen
  • Gesichts-, Mund- und Schluckbeschwerden (inklusive Kieferproblematiken)
  • Rückenschmerz

Bobath-Konzept

Das Bobath-Konzept ist ein auf neurophysiologischen und entwicklungsneurologischen Grundalgen basierendes Therapiekonzept, welches ab 1943 von der Physiotherapeutin Berta Bobath und ihrem Ehemann, dem Neurologen und Kinderarzt Karel Bobath, entwickelt wurde.

Dieses Therapiekonzept richtet sich an Säuglinge, Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit angeborenen und / oder erworbenen Störungen des Zentralnervensystems, sensomotorischen Auffälligkeiten, kognitiven Beeinträchtigungen, Entwicklungsverzögerungen unklarer Ursache und anderen neurologischen sowie neuromuskulären Erkrankungen.

Der Behandlungsansatz nimmt Bezug auf die menschliche Entwicklung, die gekennzeichnet ist durch das Zusammenwirken sensomotorischer, emotionaler und geistiger Komponenten in einer Auseinandersetzung mit dem sozialen und gegenständlichen Umfeld. Das Konzept beruht auf der Erkenntnis, dass sich das Gehirn „umorganisieren“ kann. Das bedeutet, gesunde Hirnregionen können Funktionen erkrankter Regionen neu erlernen und dann übernehmen. Gesunde Hirnregionen werden aktiviert, damit sie Aufgaben von zuvor erkrankten Hirnregionen übernehmen. Somit kann z.B. eine Spastik durch spezielle Bewegungen und Positionen positiv beeinflusst werden.

Anwendungsgebiete:

  • Schlaganfall
  • Multipler Sklerose
  • Spastik ( = erhöhte Eigenspannung der Muskulatur)
  • Intrazerebraler Blutung
  • Schädel-Hirn-Trauma
  • Erkrankungen des Rückenmarks
  • Enzephalitis (Entzündung des Gehirns)
  • Hirntumor
  • Morbus Parkinson
  • Periphere Nervenschädigungen
  • Entwicklungsverzögerungen unklarer Ursache

Voijta-Konzept

Das Vojta-Prinzip basiert auf der Reflexlokomotion (Reflexfortbewegung). Der Neurologe und Kinderneurologe Prof. Václav Vojta entwickelte dieses Prinzip zwischen 1950 und 1970. Vojta entdeckte die Basis seiner Therapie – die Reflexlokomotionen – bei der Entwicklung eines Behandlungskonzeptes für zerebralparetische Kinder. Auf gezielte Reize in bestimmten Körperlagen ließen sich bei diesen Kindern unbewusste, wiederkehrende motorische Reaktionen an Rumpf, Armen und Beinen auslösen. Diese motorischen Reaktionen waren Bewegungsmuster, die zuverlässig wiederholt werden konnten und die Grundzüge einer Fortbewegung trugen. Vojtas Idee, dass es sich hierbei um angeborene Bewegungsmuster handelte, wurde durch Untersuchungen gesunder Neugeborener bestätigt. Diese Bewegungsmuster ließen sich auch bei diesen Säuglingen hervorrufen.

Dieses Therapie-Prinzip richtet sich an Säuglingen, Kinder und Erwachsenen mit Zerebralparese. Weiterhin komm es zum Einsatz bei der Frühdiagnostik von Haltungs- und Bewegungsstörungen im Säuglingsalter.
Innerhalb der Therapie befindet sich der Patient in Bauch-, Rücken-, oder Seitlage. Der Therapeut übt einen gezielten Druck auf bestimmte Körperzonen aus und löst damit automatisch und ohne aktive Mitarbeit des Patienten eine Bewegungsantwort / motorische Reaktion aus. Hierbei kommt es zu einer Aktivierung der gesamten Muskulatur und zur Ansprache unterschiedlicher Schatlungsebenen des zentralen Nervensystems.
Durch die Therapie soll das Gleichgewicht des Körpers bei Bewegungen, die Aufrichtung des Körpers gegen die Schwerkraft und ein zielgerichtetes Greifen bzw. Schrittbewegungen wieder ermöglicht gemacht werden.

Damit die Vojta-Therapie erfolgreich ist, sollte sie beim Säugling und Kleinkind in der Regel mehrmals täglich durchgeführt werden. Somit ist ein großer Teil in der Vojta-Therapie abhängig von der Arbeit zu Hause.

Das Schreien des Säuglings in der Vojta-Therapie

Der therapeutisch gewünschte Aktivierungszustand äußert sich bei Säuglingen während der Behandlung oft durch Schreien. Dies führt bei Eltern verständlicherweise zu Irritationen und lässt sie vermuten, dass sie ihrem Kind „weh tun“. Schreien ist in diesem Lebensalter jedoch ein wichtiges und adäquates Ausdrucksmittel der kleinen Patienten, die so auf ungewohnte Aktivierung reagieren. In der Regel ist nach einer kurzen Eingewöhnungszeit das Schreien nicht mehr so intensiv und in den Übungspausen sowie nach der Therapie beruhigen sich die Säuglinge direkt. Bei größeren Kindern, die sich sprachlich äußern können, tritt Schreien ebenfalls nicht mehr auf.

Anwendungsgebiete:

  • zerebrale Paresen
  • Zentrale Koordinationsstörungen im Säuglingsalter
  • Bewegungsstörungen als Folge von Schädigungen des zentralen Nervensystems (Zerebralparesen, Apoplexie, MS u.a.)
  • Peripheren Lähmungen der Arme und Beine (z.B. Plexusparesen, Spina bifida, Querschnittlähmung)
  • Verschiedene Muskelerkrankungen
  • Erkrankungen und Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule, z.B. Wirbelsäulenverkrümmung (Skoliose)
  • Orthopädisch / traumatologisch relevanten Schädigungen der Schulter und der Arme, der Hüfte oder der Beine
  • Mitbehandlung von Fehlentwicklung der Hüfte (Hüftgelenkdysplasie / -luxation)
  • Probleme der Atmungs-, Schluck- und Kaufunktionen
  • Skoliosen der Wirbelsäule
  • Hüftgelenkdysplasien und -luxationen